Thonet, Making of, Studio Frank Rettenbacher, S 243

Sechs Fragen an Frank Rettenbacher

Der S 243 kombiniert ein Stahlrohrgestell mit Formholzteilen für Sitz und Rücken. Mit minimalem Materialeinsatz schuf Designer Frank Rettenbacher ein maximal formschönes und vielseitig einsetzbares Möbel: Als leichter und stapelbarer Vierbeiner antwortet der Stuhl auf alle Anforderungen in heutigen Lebens- und Arbeitswelten. Im Interview erzählt uns Frank Rettenbacher, wie der Stuhl entstanden ist.

1. Was waren deine ersten Gedanken und was deine Ziele, als du die Zusammenarbeit mit Thonet begonnen hast?

Die Zusammenarbeit mit Thonet bedeutete für mich, in eine beeindruckende Designtradition einzutauchen. Mir war von Anfang an bewusst, dass die Möglichkeit mit Thonet zu arbeiten, etwas Besonderes ist und eine Chance, etwas Zeitloses zu schaffen.

Mein Ziel war es, einen modernen, ausdrucksstarken Stuhl zu gestalten, der sich in die DNA von Thonet einfügt, ohne nostalgisch zu wirken – und idealerweise über lange Zeit im Portfolio bleibt — das ist für mich immer der beste Beweis für gutes Design.

Thonet, Making of, Studio Frank Rettenbacher, S 243

2. Welche Aspekte waren im Briefing für dich am wichtigsten?

Das Briefing gab eine klare Richtung vor: Ein zeitloser, funktionaler Allrounder war gefragt – ein stapelbarer Vierbeiner, der durch Simplizität und Vielseitigkeit überzeugt. Ein Möbelstück, das sich mühelos in verschiedene Lebens- und Arbeitswelten integriert, ohne aufdringlich zu wirken. Der Entwurf sollte das Thonet Erbe aufgreifen, aber zugleich Modernität ausstrahlen. 

Ich war sofort begeistert von der Aufgabe. Es ging letztlich darum, sozusagen den Inbegriff eines Stuhls zu entwerfen – einen schlichten Stuhl mit Formholz, 4 Stahlrohrbeinen und durchdachten Details… ein Stuhl mit einer klaren Konstruktion, der sich selbst erklärt und seine Funktion verkörpert… eben genau all das, wofür Thonet als Marke steht. Ein schöneres Briefing bekommt man selten…

3. Wie würdest du das Sitzgefühl auf dem S 243 jemandem beschreiben, die/der den Stuhl noch nicht selbst testen konnte? 

Ich würde sagen, der Stuhl sitzt sich genau so, wie man es von einem Thonet - Stuhl erwartet: angenehm und ergonomisch gestaltet, ideal für den Alltag, sei es beim Essen zu Hause, im Restaurant oder im Warteraum.

In seiner einfachsten Form (in der Version ohne Polsterung) bietet der Stuhl schon höchsten Sitzkomfort. Die geformten Schichtholzteile für Sitz und Rücken sind dem Körper angepasst: Der Sitz zum Beispiel, verläuft nach vorne etwas breiter und schließt nach unten weich ab, um nicht in die Kniekehle zu drücken. Oder die bündig eingesetzten Nieten der Lehne, die am Rücken nicht spürbar sind. Das Gestell des Stuhls vermittelt im Gegensatz Stabilität und Leichtigkeit. Durch die Konstruktion mit unterschiedlich dimensionierten Stahlrohren ist der S 243 äußerst robust, ohne schwer zu wirken, und sorgt für eine grafische Klarheit.

Ich glaube, meine langjährige Erfahrung als Designer für Philips TV und Audio, wo Detaillierung auf einer viel kleineren Skala stattfindet, hat mir geholfen, den Stuhl mit derselben Präzision zu gestalten.

Thonet, Making of, Studio Frank Rettenbacher, S 243
Thonet, Making of, Studio Frank Rettenbacher, S 243
Thonet, Making of, Studio Frank Rettenbacher, S 243

4. Gut Ding will Weile haben – inwiefern trifft dieses Sprichwort auf deinen Entwurf S 243 für Thonet zu?

Die Entwicklung des S 243 war ein intensiver, mehrjähriger Prozess. Im Dialog mit Thonet haben wir gemeinsam das Konzept des Stuhls mit Bezug auf heutige flexible Lebens- und Arbeitswelten erarbeitet. In der Folge testeten wir unzählige Varianten des Stahlrohrgestells, optimierten die Ergonomie und perfektionierten die Stapelbarkeit.

Ein entscheidender Punkt war die Konstruktion: Jean Prouvé stellte bereits fest, dass die größte Belastung eines Stuhls auf den Hinterbeinen liegt, da dort das Gewicht des Oberkörpers ruht. Deshalb habe ich die Hinterbeine mit einem 25-mm-Stahlrohr ausgeführt – eine Dimension, die sich im gesamten Thonet-Portfolio wiederfindet. Der S 43 von Mart Stam diente hier als Referenz, was sich auch in der Namensgebung widerspiegelt. Die Vorderbeine dagegen sind schlanker gestaltet, um dem Stuhl eine elegante Leichtigkeit und eigene Identität zu verleihen. 

Auch die Farbgestaltung in Kombination mit der Materialität war mir sehr wichtig: Ich wollte eine stimmige Palette erarbeiten – klassische Farben wie Schwarz und Weiss, diese aber matt lackiert und im Gegensatz dazu nuancierte Akzentfarben wie Olivgrün und Tomatenrot in Hochglanz. So kann der Stuhl entweder dezent in den Raum integriert oder als Statement eingesetzt werden. Zudem sollten alle Farben auch im gestapelten Zustand harmonisch wirken.

Thonet, Making of, Studio Frank Rettenbacher, S 243

5. Wo würdest du den S 243 in Zukunft am liebsten eingesetzt wissen?

Ich denke, uns ist mit dem S 243 ein vielseitiger Stuhl gelungen, der sich in unterschiedlichste Räumlichkeiten einfügt. Einerseits hat er eine sehr wohnliche Ausstrahlung, ein Stuhl für zu Hause als klassischer Esszimmerstuhl oder als farbiges Einzelstück im Schlafzimmer. Gleichzeitig ist er durch seine Robustheit ideal für öffentliche Bereiche: als Kaffeehausstuhl, in Warteräumen oder in Restaurants, wo seine Stapelbarkeit ein großer Vorteil ist.

Wir sind gerade dabei die Stuhlfamilie noch weiter auszubauen, um ein noch breiteres Spektrum an Einsatzbereichen zu ermöglichen.

6. Welche Rolle spielen die Themen Nachhaltigkeit und Langlebigkeit in deinem Entwurfsprozess?

Nachhaltigkeit bedeutet für mich vor allem Langlebigkeit. Ein Stuhl ist dann nachhaltig, wenn er nicht nach wenigen Jahren ersetzt werden muss, sondern über Generationen hinweg genutzt wird. Genau das ist einer der zentralen Werte von Thonet – und etwas, das ich im Design des S 243 unbedingt weiterführen wollte. Ein entscheidender Faktor ist dabei die Modularität: Alle Komponenten sind so gestaltet, dass sie einfach ausgetauscht oder repariert werden können. Das verlängert nicht nur die Lebensdauer des Stuhls, sondern unterstreicht auch die Philosophie von Thonet, Möbel für die Ewigkeit zu schaffen…

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