Mein Ziel war es von Anfang an, dass sich der Entwurf zwar selbstverständlich in das jetzige, stark von Klassikern geprägte Portfolio einfügt, aber gleichzeitig genug Charakter und Modernität besitzt, um heute eine stimmige Ergänzung der bestehenden Produkte zu sein. Es war mir sehr wichtig, mit dem 520 eine Brücke zwischen Herkunft und Zukunft zu schlagen.
Um dies zu erreichen, habe ich mir zahlreiche Fragen gestellt: Wie kann ich eine historische Kontinuität erreichen? Womit kann ich arbeiten und es in ein modernes Konzept übersetzen? Wieviel Handwerk verträgt der Stuhl? Welche Rolle spielen in diesem Zusammenhang die Begriffe Manufaktur und Qualität? Wo wird dieser Stuhl stehen und wer wird ihn benutzen? Was macht einen Thonet aus?
Ich hatte sehr bald die Idee, eine Bugholzstruktur mit Polsterteilen zu vereinen. Die konstruktive Leichtigkeit der Klassiker wird so mit dem Komfort der Polsterung in einem Entwurf verbunden. Das Ergebnis ist klassisch und modern, reduziert und dennoch komfortabel zugleich.
Der Entwurf sollte unverkennbar ein Thonet-Produkt sein. Mir war wichtig, dass der Stuhl die Leichtigkeit der Kaffeehausklassiker aufgreift und ihren kommunikativen Charakter beibehält. Er soll alleine und in der Gruppe funktionieren und diese speziellen Emotionen beim Betrachter wecken, die Thonet-Stühle meiner Meinung nach auslösen. Und damit meine ich keine nostalgischen Emotionen für etwas Vergangenes. Denn da waren wir uns stets einig – der Stuhl sollte zeitgenössisch sein, aber eben dennoch mit Bezug zur Thonet-Historie.
Der 520 ist großzügig dimensioniert und strahlt formal schon eine Einladung zum Sitzen aus. Das ist wichtig, da Komfort schon auf den ersten Blick entsteht. Die Rückenlehne schmiegt sich weich an die Sitzenden. Und auch in der Version ohne Armlehnen fängt die Sitzschale die Benutzer seitlich auf, stützt sie. Das bietet höchsten Sitzkomfort in verschiedenen Sitzpositionen, auch über viele Stunden.
Dieses Projekt ist in circa zwei Jahren Entwicklungsarbeit entstanden und ist das Ergebnis eines stetigen Dialoges zwischen mir und Norbert Ruf (Creative Director Thonet).
Eine neue Zusammenarbeit ist immer etwas sehr Spannendes und bietet allen Beteiligten die Möglichkeit, Erfahrungen und Wissen auszutauschen und zu etwas Neuem, am Anfang noch Unbekanntem, zu formen. Den richtigen Entwurf zu finden braucht Zeit. Vor allem, wenn man auf eine 200-jährige Möbelbautradition zurückblickt, wie Thonet es tut. Die Firma hat eine stark ausgeprägte DNA, die auch in neue Produkte einfließen soll. In der Zusammenarbeit habe ich erkannt, dass es bei Thonet heute nicht mehr nur um die Pflege der Klassiker geht – um Bugholz oder Stahlrohr oder um Wiener Geflecht. Es geht vielmehr um eine klare Idee von Modernität und zeitgenössischem, aber dennoch klassischem Design. Ich denke, mit dieser DNA als Basis kann man Fans der Marke auch in Zukunft noch sehr lange spannende Möbel bieten.
Ich habe versucht einen Stuhl zu entwerfen, der Menschen inspiriert und ihr Vorstellungvermögen beflügelt. Denn sie sind es ja, die den Stuhl letztendlich in unterschiedlichsten Szenarien denkt.
Die Kombination aus Holz und Textil/Polster bietet unzählige Kombinationen und damit Möglichkeiten, dem Stuhl einen ganz persönlichen Stil zu verleihen. Er ist also sehr wandelbar.
Ich sehe den 520 als Gruppe um einen Esstisch, in der gehobenen Gastronomie im Fine Dining, aber auch in New-Work-Szenarien oder als Solitär am Schreibtisch. Wir haben einen Stuhl entworfen, der sich in sehr vielen Szenarien wohlfühlt und organisch einfügt.